Das Grundbedürfnismodell
Nach schematherapeutischer Auffassung nähert man sich dem Verständnis psychopathologischer Symptomatik am besten durch ein Grundbedürfnismodell, das Sie in der folgenden Abbildung skizziert sehen:
Die körperlichen Grundbedürfnisse nach materieller Sicherheit (Nahrung/Schlaf etc.) und körperlicher Unversehrtheit werden dabei nicht gesondert aufgeführt, auch wenn sie entwicklungspsychologisch beim Säugling und Kleinkind oder auch in Gesellschaften mit existenziellen Mängeln eine große Rolle spielen. Weitere Informationen zu Grundbedürfnissen finden sich bei Grawe (2004), Young et al. (2008), Jacob & Arntz (2011) und Roediger (2011).
Referenzen: Grundbedürfnismodell (aus Loose, Graaf & Zarbock, 2013; modifiziert aus Grawe, 2004)
Schemata: Early Maladaptive Schemas (EMS)
Nach schematherapeutischer Auffassung nähert man sich dem Verständnis psychopathologischer Symptomatik am besten durch ein Grundbedürfnismodell, das Sie in der folgenden Abbildung skizziert sehen:
Eines der bedeutendsten Konzepte der Schematherapie beinhaltet die Idee von frühen maladaptiven Schemata (early maladaptive schemas; EMS).
Ein Schema stellt ein Lebensthema bzw. allgemein organisierendes Prinzip dar. Diese Prinzipien erinnern an Überzeugungen, Grundmuster, Grundrisse bzw. Grundstrukturen .
Young und Kollegen (2008, Seite 36) definierten EMS „als schädigende emotionale und kognitive Muster, die früh in unserer Entwicklungszeit entstehen und unser ganzes Leben lang erhalten bleiben“.
Im Allgemeinen werden vier Typen von schädlichen Erfahrungen beschrieben, die die Ausbildung von EMS begünstigen:
- Anhaltende/toxische Frustration emotionaler Grundbedürfnisse (zu wenig des Guten)
- Traumatisierung oder Viktimisierung (Misshandlung, Missbrauch, Prostitution etc.)
- Verwöhnung & Überbehütung (zu viel des Guten)
- Überforderung des Kindes mit Erwachsenenthemen (z.B. Parentifizierung nach Trennung der Eltern)
In der Regel liegen mehrere Schemata bei ein und demselben Patienten vor. Wenn nun ein bestimmtes Verhaltensmuster gezeigt wird (z.B. Aggressivität), kann daraus nicht geschlossen werden, welches Schema genau getriggert wurde. Außerdem kann ein und dasselbe Schema unterschiedliche Verhaltensweisen hervorbringen, je nachdem welche Bewältigungsstrategie von der Person aktiviert wurde (vergleiche Coping-Strategien). Aus diesem Grunde wurde das weniger komplizierte und übersichtlichere Modus-Modell entwickelt (vergleiche: Modusmodell), das sich gerade bei kindlichem Problemverhalten anwenden lässt.
Coping-Strategien
Wie sich ein gegebenes Schema präsentiert, hängt im Wesentlichen von dem jeweiligen Bewältigungsstil (Coping-Strategie) ab.
Von Vermeidung spricht man, wenn Schema auslösende Situationen vermieden oder Gedanken und Gefühle, die damit assoziiert sind, abgeblockt werden, letzten Endes um sich zu schützen. Typisch dafür sind Kinder und Jugendliche, die man kaum spürt bzw. wie hinter einer Glaswand sitzend erscheinen.
Beim Erdulden wird die Wahrnehmung so verändert, dass sich die betroffenen Kinder und Jugendlichen ihren dysfunktionalen Gedanken und Gefühlen ergeben und ihre Schemata für die Wahrheit halten. Funktional handelt es sich um eine Spannungsreduktion („So bin ich halt“). Meist besteht Leidensdruck bei den Betroffenen.
Von Überkompensation spricht man, wenn ein Kind/Jugendlicher genau das Gegenteil seines Schema wahrnimmt und dies auch für die Wahrheit hält (Selbstwert dienliche Wahrnehmungsverzerrung). Diese Kinder zeigen sich vordergründig selbstbewusst, dominant, mit einem hohen Kontrollbedürfnis. Meist haben die Bezugspersonen einen größeren Leidensdruck.
Welche Coping-Strategie nun von dem jeweiligen Kind gewählt wird, hängt zum Teil von Temperamenteigenschaften ab, sicherlich aber auch von den Lernerfahrungen und den Modellen, die das Kind umgeben (z.B. Vater, Mutter, Peers, etc.).
Modusmodell
Ein Schemamodus bezeichnet einen aktuellen affektiven Zustand. Dieser Zustand ist mit einem Schema assoziiert, allerdings ist keine 1-zu-1-Zuordnung möglich.
Der Modus entspricht hierbei einer State-, das Schema einer Trait-Komponente, wobei State einen aktuellen Zustand und Trait einem überdauernden Persönlichkeitszug beschreibt. Die Art und Weise, wie sich ein Schema auf Erlebens- oder Verhaltensebene bemerkbar macht, kann sehr unterschiedlich sein. Bei Kindern sind die Schemata noch nicht so gefestigt, wie bei Erwachsenen. Sie leben mehr von einem Moment in den nächsten und sind – je nach emotionaler und intellektueller Entwicklung sowie aktueller Betroffenheit – i.d.R. weniger differenziert als Erwachsene. Aber auch bei letzteren kann die Modus-Arbeit weit fruchtbarer und Ziel führender sein als die alleinige Schemabearbeitung (vergleiche z.B. Jacob & Arntz, 2011; Roediger, 2009).
Es lassen sich 4 Hauptgruppen von Modi I-II-III-IV unterscheiden, zum Teil aus Subgruppen A,B,C … bestehen)
I. Kindmodi : „Der kleine … [Name des Kindes]“; z.B. der kleine Felix
II. Antreiber – und Bestrafermodi : „Der kritische … [Name des Kindes]“
III. Maladaptive Bewältigungsmodi: „Notfall-… [Name des Kindes]“
IV. Clever-Modus: „Der clevere … [Name des Kindes]“
In der untenstehenden Abbildung ist die Dynamik des Modusmodells (in englischer Sprache) grob skizziert widergegeben, wobei für genauere Einblicke die Bücher von Loose, Graaf und Zarbock (2013, 2015) empfohlen seien.